Aufbau der Boulderwand "Dicker Hans", Foto: Daniel Strohbach

How to - Boulderwand bauen

Du möchtest Teil der Kraxlkollektiv-Initiative werden und für allgemein zugängliche Boulderwände in deiner Stadt sorgen? Hier zeigen wir dir, was du dabei beachten musst.

Geeignete Orte finden

Welche Flächen in deiner Stadt eignen sich für eine Boulderanlage?

Vielleicht gibt es überdachte Plätze wie Unterführungen, Flächen unter Brücken oder Freiflächen auf denen Platz für eine freistehende Boulderwand ist. Wichtig ist hierbei, dass die geplante Boulderwand niemanden behindert oder gar gefährdet. Mögliche KO-Kriterien könnten sein: Feuerwehrzufahrt, Fläche wird anderweitig genutzt. Sobald ein passender Standort gefunden ist, muss die Nutzung von der entsprechenden Stelle genehmigt werden. Das kann das zuständige Baureferat, die Autobahndirektion oder auch der Grundstückseigentümer sein.

Eignet sich ein Park/eine Wiese für eine Boulderwand?

Ja, allerdings kann man die Boulderwand nicht direkt auf die Wiese stellen. Man muss vorher den Humus abtragen. Je nach Konstruktion der Boulderwand, kann es auch sein, dass Fundamente benötigt werden.

Freistehende Boulderwände kann man aber sehr gut auf gepflasterte oder asphaltierte Flächen stellen.

Muss die Boulderwand überdacht sein?

Nein! Nicht zwingend. Durch die Überdachung lebt die Boulderwand aber länger. Sollte die Boulderwand draußen bewittert stehen, dann müssen langlebige Materialien wie Lärchenholz, Siebdruckplatten und Edelstahlschrauben verwendet werden.


Genehmigung

Um eine Boulderwand im öffentlichen Raum aufstellen zu dürfen bedarf es der Genehmigung der zuständigen Behörde. Die Zuständigkeit kann je nach Örtlichkeit variieren.

Unerlässlich ist ein Überlassungs- oder Kooperationsvertrag. Eine Rechtsberatung durch einen Anwalt ist ratsam. Wir greifen hier auf ehrenamtliche Mitglieder zurück.

Außerdem ist abzuklären, ob man eine Baugenehmigung braucht.

Mögliche Helfer und Unterstützer können sein: Lokalpolitiker, Stadtpolitiker, aber auch Vereine, Jugendtreffs, Sozialarbeiter oder die Kletter-Community. Im Endeffekt muss man jemanden aus der Stadtverwaltung finden, der sich für das Thema begeistert und bereit ist, selbst Zeit zu investieren, um Mittel und Wege für die Umsetzung zu finden.

Beispiel München - wie bekamen wir eine Genehmigung?

  • Anliegen im zuständigen Bezirksausschuss vorgestellt - per E-Mail und persönlich
  • Stadträte der Stadt München angeschrieben und das Projekt bei persönlichen Terminen im Rathaus den einzelnen Fraktionen vorgestellt
  • Kontakt zur Sportbürgermeisterin hergestellt (aktuell 3. Bürgermeisterin Frau Verena Dietl)
  • Trendsportbeauftragten der Stadt München kontaktieren
  • Kontakt zum DAV aufgenommen (hier fanden wir recht früh die Sektion USC als Unterstützer, mittlerweile befürwortet der gesamte Münchner Ortsausschuss das Projekt)

Am Anfang ohne Referenz ist es immer schwierig, nach der ersten Wand wird es meist einfacher. Ihr könnt gerne auf unsere Wände in München verweisen 😉!


Konzeption

Welche Art von Boulder soll entstehen?

Vielleicht ein freistehender Block in einer Grünanlage (vgl. Ljubljana) oder lieber eine Minimal-Lösung in einem Tunnel (vgl. Barcelona). Tendenziell eignen sich Flächen unter Brücken oder in Unterführungen besser, da man hier das ganze Jahr über wettergeschützt Sport treiben kann. In Unterführungen ist es im Winter meist ein bisschen wärmer.

Denkbar sind auch Synergien oder Kooperationen mit anderen Sportarten wie Skaten, Slacklinen, Tischtennis, Schach oder Street-Art. Alles ist möglich und je breiter man hier denkt, desto erfolgreicher kann das Projekt sowohl in der Finanzierung als auch bei den späteren Nutzer:innen werden.

Wie verhindert man Vandalismus oder Verwahrlosung?

Der Ort sollte gut beleuchtet und kein "Angst-Ort" sein. Zudem ist es wichtig die Fläche regelmäßig zu kontrollieren (s. Wartung). Je belebter und beliebter ein Ort ist, desto unwahrscheinlicher ist Vandalismus. Auch gut gestaltete Street-Art kann vor unkontrolliertem Tagging und damit Zerstörung der rauen Oberfläche der Griffe schützen.

Habt ihr andere bei der Konzeption mit ins Boot geholt?

Ja! Wir sind ein Teil des Alpenvereins, dieser ist gemeinnützig, kann Spendenbescheinigungen ausstellen und hat auch eine funktionierende Vereinsstruktur  sowie eine Vereinshaftpflicht. Aber auch Sportvereine oder die Naturfreunde können gute Kooperationspartner sein. Außerdem unterstützun uns lokale Boulderhallen und der Hochschulsport z. B. mit Griffspenden. Mit Jugendtreffs werden Grafitti-Workshops durchgeführt. Hilfreich sind auch Kontakte zu Lokalpolitiker:innen, in München in den Bezirksauschüssen oder im Stadtrat, da diese gut in die Stadtverwaltung für die Genehmigung und Finanzierung des Projektes vernetzt sind. Zudem können Nachbarschaftstreffs in der Umgebung hilfreich sein, da diese über Netzwerke und Ehrenamtliche verfügen und ebenfalls ein Interesse daran haben, die Nachbarschaft aufzuwerten.

Brauche ich ein fertiges Konzept bevor es losgeht?

Nein! Das wichtigste ist erst einmal anfangen, dann kann man noch Schritt für Schritt das Konzept verbessern.


Material

Diese Entscheidung hängt auch stark vom Standort ab.

Strukturwand aus Spritzbeton

Boulderwand aus Spritzbeton, Südpark München
Boulderwand aus Spritzbeton, Südpark München

Für einen freistehenden Boulder eignet sich eine Strukturwand aus (Spritz-)Beton am besten. Das Material kann sehr natürlich wirken und sich gut in die Landschaft einfügen. Außerdem ist das Material wetterbeständig und benötigt in der Regel keine Überdachung. Der Nachteil bei dieser Konstruktion ist allerdings, dass man bei der Routengestaltung eingeschränkter ist.

Holzkonstruktion

Boulderblock: Holzkonstruktion mit Siebdruckplatten, Foto: Daniel Strohbach
Boulderblock: Holzkonstruktion mit Siebdruckplatten

Die meisten Wände in Boulderhallen sind aus Holz gefertigt. Es handelt sich hierbei um Mehrschichtplatten mit speziellem Anstrich auf einer Unterkonstruktion. Entweder Sperrholz oder im Außenbereich 21mm starke Siebdruckplatten. Diese Variante ist kostengünstiger und einfacher zu bauen als eine Konstruktion aus Beton oder Glasfaserkunststoff. Ein weiterer großer Vorteil ist, dass sich die Routen flexibler gestalten lassen. Eine Konstruktion aus Holz ist allerdings anfälliger für Witterungseinflüsse. Deshalb solltest du bei dieser Variante über eine Überdachung nachdenken.

Konstruktiver Holzschutz

Um die Lebensdauer des Boulders zu erhöhen ist es sinnvoll, für einen konstruktiven Holzschutz zu sorgen. Das kann durch ein Aufbocken auf Steinen oder durch ein Betonfundament geschehen. Um ein optimales Ergebnis zu erzielen, sollte dies schon in der Planung mitbedacht werden.

Nachhaltigkeit

Natürliche Materialien wie Holz lassen sich in Kreisläufen führen. Weiterführende Informationen bietet zum Beispiel Cradle to Cradle. Gummigranulatplatten (Tartan) sind hingegen schwer zu recyceln. Nicht recycelbar sind Elemente aus Glasfaserkunststoff, da es sich um Verbundmaterialien handelt.


Statik & Bau

Um ein sicheres Bouldern zu gewährleisten und böse Überraschungen zu vermeiden, sollte ein Statiker die Konstruktion prüfen.

Baukonstruktion

  • Kanthölzer (6x6cm) für Überhänge (draußen: Lärche / wettergeschützt: Fichte oder ähnliches)
  • Kanthölzer (6x12cm) als Steher (draußen: Lärche / wettergeschützt: Fichte oder ähnliches)
  • Platten an der Unterkonstruktion mit 5x60er Schrauben befestigen, min. alle 20cm (nach Angabe Statik)
  • Unterkonstruktion (6x12cm) verschrauben mit 8x180er Schrauben
  • Unterkonstruktion seitlich verbinden mit 6x100er Schrauben

Anleitungen für den Bau einer Boulderwand:

Wir brauchen Dein Einverständnis

Dieser Inhalt wird von YouTube bereit gestellt.

Weitere Details 


Vorgaben, Normen und Sicherheit

Die europaweit geltenden EN-Normen 1176-1 bis 7 regeln die (sicherheits-)technischen Anforderungen an Spielgeräte bzw. deren sicherheitstechnische Prüfung, Inspektion und Wartung. In Zusammenhang damit legt eine weitere Norm (EN 1177) Werte für die stoßdämpfenden Eigenschaften des Bodens unter den Spielgeräten fest bzw. beschreibt die Prüfungsmethode hierfür.

Wichtig für den Bau einer Boulderwand ist hierbei insbesondere, dass es keine Fingerfangstellen gibt.

Des Weiteren müssen die Vorgaben zur Fallhöhe und zur Beschaffenheit des Untergrunds eingehalten werden. Als Faustregel sollte man bei Geräten bis 1,5 m Fallhöhe mindestens 1,5 m Abstand zwischen statischen Geräten, bis 3 m Fallhöhe mindestens 2,5 m annehmen.

Der Untergrund muss aus sturzdämpfendem Material wie Hackschnitzel, Rindenmulch, Sand oder Kies bestehen. Zur Not kann man auch Tartanbelag verwenden, dieser ist aber schwer recycelbar. Matten, wie wir sie aus den Kletterhallen kennen, sind nicht erlaubt.

Eine regelmäßige Wartung der Boulderanlage (Sichtprüfungen von Laien 1x die Woche) ist unerlässlich und sollte von Anfang an mitgedacht und dokumentiert werden. Bei geringer Nutzungsintensität im Winter kann das Intervall auch auf alle 2 Wochen gestreckt werden. Jeden Monat gibt es eine operative Inspektion von unterwiesenen Leuten, bei der der Zustand der Anlage schriftlich mit einem Protokoll und Fotos dokumentiert wird.

Vor der Inbetriebnahme der Anlage ist die Freigabe durch einen Spielplatzprüfer unerlässlich.

Eine Aufsichtsperson ist danach nicht nötig. Auf Spielplätzen steht ja auch keiner herum und passt auf ;-)

Sollte es auf der Anlage zu einem Unfall kommen, muss geregelt sein, wer die Haftung übernimmt. Das kann die Stadt sein oder aber ein (Sport-)Verein.

Versicherung

Wichtig ist in jedem Fall, dass die Anlage versichert ist. In der Regel können Sportvereine öffentliche Boulderwände über ihre bestehende Vereinshaftpflicht ohne Zusatzkosten mitversichern.

Mögliche Versicherer sind:

Beispiel München - Versicherung unserer Boulderwände

Lolliblock am Sugar Mountain: war über die Betreiberhaftpflicht versichert

Dicker Hans, Unter der Candidbrücke: über die Vereinshaftpflicht versichert

Riesige Rosi, Unterführung: über die Vereinshapftpflicht versichert


Finanzierung

Auch wenn sich die Kosten durch viel ehrenamtliches Engagement geringhalten lassen, fallen doch Kosten für Material und Versicherung an. Um diese zu decken, bieten sich Kooperationen mit Sportvereinen und Sportmarken oder Crowdfunding an.

Generell gilt: spread the word! Egal, ob über social media oder in der Presse – je mehr Leute von eurem Vorhaben wissen, desto besser.

Kosten einer Boulderwand

Was kostet eine Boulderwand (netto):

  • Fallschutz 30 €/m2
  • Kletterwand 240 €/m2
  • Griffe 65 €/m2
  • Versicherung: ca. 200 - 270 € für 50 m² - s.a. Abschnitt Versicherung

Zuständigkeiten

Beispiel München - wer ist zuständig?

  • öffentliche Grünflächen: AP Baureferat Gartenbau
  • Brücken und Unterführungen: AP Baureferat Ingenieurbau
  • öffentliche Plätze, wie die Theresienwiese oder der Maria-Hilf-Platz: AP RAW (Referat für Arbeit und Wirtschaft)
  • Flächen der Universitäten: AP Hochschulleitung oder Staatliches Bauamt oder Freistaat Bayern (als Grundstückseigentümer)
  • Autobahnbrücken: AP Autobahndirektion Südbayern
  • ist die Fläche als Verkehrsfläche gewidmet, muss man eine Nutzungsänderung beim KVR (Kommunalreferat) beantragen
  • bei Verkehrsflächen ist auch das Mobilitätsreferat mit in Betracht zu ziehen
  • generell ist der Bezirksausschuss oder das Stadtteilmanagement auch ein guter Ansprechpartner

Freiraum-Fibel

Wissenswertes über die selbstgemachte Stadt herausgegeben vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR).

Die Fibel ist als Starthilfe gedacht für alle, die sich aktiv in die Gestaltung ihrer Stadt mit einbringen wollen und Lust haben, ihren ganz eigenen Freiraum zu schaffen. Sie enthält Rechltiches, Ideen und gute Argumente, um Entscheidungsträger von einer Idee zu überzeugen.

Kostenlos herunterladen


Professionelle Hilfe

Du hast keine Zeit oder Lust, dich um die Organisation und Ausführung zu kümmern? Das Büro für Raumsport plant und baut Boulderwände.

Wenn Du die Boulderwand lieber von Profis bauen lassen möchtest, können wir dir die Firma hand-kraft empfehlen.

 

Diese Tipps sind nur zur Orientierung gedacht. Wir übernehmnen keine Gewähr.